Es gibt verschiedene Ausprägungen des Begriffs "Innovation". Wollen/brauchen wir etwas völlig Neues? Oder setzen wir auch auf Bestehendem auf? Fokussieren wir uns auf unsere Produkte oder auf neue Services? Diese Fragen zeigen schon deutlich, dass Welten zwischen den jeweiligen Ausprägungen liegen. Ist der Begriff "Innovation" in einem Unternehmen nicht einheitlich definiert und kommuniziert, fehlt es an Orientierung darüber, welche Ideen verfolgt werden sollen und auf welche Trends man sich konzentriert. Ich habe schon erlebt, dass so Zeit und Geld verschwendet werden und Innovationskultur und -motivation verloren gehen. Außerdem müssen Innovationsanstrengungen immer im Einklang mit der Unternehmensstrategie stehen. Damit du erfolgreich bist, musst du dich auf die für das Unternehmen wichtigsten - nicht nur die interessantesten - Trends zu konzentrieren und dort schnell voranzukommen.
Welche Arten von Innovation gibt es?
Grundsätzlich bezeichnen Innovationen immer etwas Neues. Dennoch gibt es unterschiedliche Arten, die sich durch den Innovationsgrad unterscheiden und die deine Zielrichtung und dein Vorgehen bestimmen:
Disruptive Innovation
Disruptive Innovationen führen zu Produkten oder Dienstleistungen, die einen bestehenden Markt umwälzen und grundlegend verändern. So entstehen neue Wertschöpfungsketten, neue Praktiken und neue Kundenerwartungen.
Der Begriff wurde von Prof. Clayton M. Christensen von der Harvard Business School geprägt.
Beispiele: Netflix und sein neuartiges Streamingmodell, Uber-Geschäftsmodell, Digitalfotografie
Inkrementelle Innovation
Inkrementelle Innovationen sind kontinuierliche Verbesserungen bestehender Produkte, Services,... Da so das Kaufverhalten und die Einstellung der Kunden bekannt sind, lassen diese Innovationen sich am besten verkaufen. Ich glaube, dass jedes Unternehmen inkrementelle Innovation betreibt, indem es mehr oder weniger strukturiert seine Produkte oder Prozesse über die Zeit durch Kunden- und Mitarbeiterfeedback verbessert.
Beispiele: Prozessoptimierungen, neue Features für bestehende Produkte
Architektonische Innovation
Architektonische Innovationen modifizieren eine bestehende Lösung für einen neuen Markt. Die vorhandene Technologie bildet die Grundlage für die Neuentwicklung.
Diese Innovationsart bringt daher ein geringeres Risiko mit sich.
Beispiele: Smartwatches, mobile Payment
Radikale Innovation
Hier werden bestehende Produkte oder Services durch neue ersetzt, wodurch sich die Beziehung zum Kunden verändert. Innovatoren reagieren auf bestehende Probleme mit einer neuen Herangehensweise.
Beispiele: Erfindung des Linienfluges, erstes Smartphone
Ideale Ressourcenverteilung auf verschiedene Innovationsarten
In der Lerntheorie heißt es, dass wir uns 70% unseres Wissens durch harte Arbeit, 20% durch zwischenmenschlichen Austausch und 10% durch individuelles Lernen aneignen. Der ehemalige Google-CEO Eric Schmidt hat dieses Konzept auf das Innovationsmanagement bei Google übertragen.
Das bedeutet:
70% der Ressourcen sollten idealerweise auf die Verbesserung von Produkten und Services etc. im Kerngeschäft investiert werden (inkrementell, s.o.).
20% der Ressourcen sollten auf die Erschließung angrenzender, verwandter Märkte und Kompetenzen gesetzt werden.
10% der Ressourcen allerdings sollten sich mit der Entwicklung neuartiger, bahnbrechender Innovationen beschäftigen.
Mehr Informationen dazu findest du, wenn du nach der 70:20:10-Regel googelst. Im Harvard Business Review oder im Blog von www.itonics-innovation.de findest Du z.B. auch gute Zusammenfassungen.
Welche Art von Innovatoren gibt es?
Welche Rolle soll bzw. kann dein Unternehmen als Innovator einnehmen? Mit anderen Worten: Welche Markteintrittsstrategien gibt es im Groben bei Innovationen zu unterscheiden?
Pioniere, die First Mover und Early Mover
First Mover wollen mit bahnbrechenden Neuigkeiten vor allen anderen zuerst sichtbar zu werden. Alles ist darauf ausgerichtet, sich mit der neuartigen Idee einen maßgeblichen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Es gibt kein vergleichbares Produkt auf dem Markt. Das Unternehmen ist ein Pionier, der Kunden und Wettbewerber überrascht und so (zumindest vorübergehend) hohe Preise und Status über die Monopolstellung erzielt.
Early Mover schauen sich die allererste Markteinführungsphase an und starten dann kurz danach mit minimal weniger Risiko. Dafür werden sie oft als Copy Cats angesehen.
Nachteil für beide ist, dass aufgrund der fehlenden Erfahrungswerte Risiken (Kinderkrankheiten des Produktes, mangelnde Nachfrage) schwer einzuschätzen sind. Schnelligkeit und wirkliche Neuartigkeit sind hier das Wichtigste.
Beispiele für First Mover: der PDA von Apple, Aspirin von Bayer
First Follower und Late Follower
Sie treten erst in den Markt ein, wenn technische und wirtschaftliche Anfangsprobleme gelöst scheinen, und profitieren von den Erfahrungen der First bzw. Early Mover.
Für sie ist es erfolgsentscheidend, dass sie den relevanten Marktbereich permanent und gründlich scannen und bewerten und dann beim Marktgang schnell und konsequent agieren. Sonst ist es nichts als eine lahme x-te Kopie.
Beispiele: Generika im Pharma-Markt, PCs von IBM
Tipps für die Definition des eigenen Weges
Mit der Darstellung der Innovationsarten und verschiedenen Innovatoren möchte ich zeigen, wie vielfältig "Innovation" ist. Es gibt nicht die eine Art, wie Innovation abläuft. Ich beobachte häufig viel Irritation, was denn jetzt mit "Innovation" gemeint sei und welche Ideen wirklich wertvoll sind. So kann niemand wirklich innovativ sein und irgendwie wird dann jede Idee ein bisschen verfolgt. "Innovation" für dein Unternehmen muss genau definiert werden!
Bis hierher hast du gelesen und jetzt fragst du dich vielleicht: "Was bedeuten diese Informationen denn jetzt für meine Definition von Innovation?"
Folgende Schritte halte ich für Best Practice bei der strategischen Erarbeitung des Innovations-Ansatzes:
1. Was ist der Innovationsgegenstand (Services, Produkte, Geschäftsmodell,...) und wie radikal wollen wir innovieren (s. oben "Welche Innovationsarten gibt es?")
2. Welche Art von Innovator wollen wir sein?
Pionier?
Dann musst du dir u.a. folgende Fragen stellen:
Wie können wir die Innovations- , F&E-, Produktionsressourcen voll auf disruptive Innovationen fokussieren?
Wie können wir Mitarbeiter dazu bringen, grundlegend Neues zu erarbeiten? Wie können wir Mitarbeiter so weiterentwickeln und schulen, dass sie Visionäre sind?
Was müssen wir tun, um die Märkte von morgen zu verstehen?
Kann unsere Organisation stark und mutig genug sein, ggf. große wirtschaftliche Risiken zu tragen?
Follower?
Dann musst du dir u.a. folgende Fragen stellen:
Was sind die für uns wirklich relevanten Märkte und Technologien?
Wie können wir sicherstellen, dass wir die für uns relevanten Märkte und Technologien wirklich tief verstehen?
Wie können wir sicherstellen, dass wir die notwendigen Markt- und Wettbewerberinformationen schnell und zuverlässig bekommen?
Welches Fachwissen brauchen unsere Mitarbeiter dazu?
3. Wie ist unsere Organisation aktuell aufgestellt und welche Lücken müssen wir schließen?
SWOT Analyse
Gap Analyse
in Bezug auf Fachwissen, Kultur, Innovations- und andere Prozesse, usw.
Fazit
Die Betrachtung der verschiedenen Innovationsarten hat gezeigt, dass es Abstufungen gibt, je nachdem wie neuartig die Innovation ist. Dann haben wir geschaut, wie Ressourcen im Unternehmen idealerweise auf die unterschiedlichen Innovationsarten verteilt sein sollten. Die Arten von Innovatoren sind nichts Anderes als die Strategien, um mit den o.g. Innovationen auf den Markt zu gehen.
Die Fragen nach der Art der Innovation und der eigenen Rolle sind hochkomplex. Ist das vielleicht einer der Gründe, warum sie häufig übergangen werden? Ich erlebe und höre, dass Innovationmanager in Unternehmen oft davon auszugehen scheinen, dass alle das Gleiche verstehen, wenn es heißt: "Wir müssen innovativer werden!". Oder dass strategische Workshops zu den oben ausgeführten Fragen als theoretisches Spiel abgetan werden. Das ist definitiv zu kurz gedacht. Durch die Komplexität der oben genannten Fragen erscheinen sie akademisch oder theoretisch. Aber sie sind meiner Meinung nach die Basis für erfolgreiche und effiziente Innovationsarbeit in jedem Umfeld!
Die Kombination aus allen Punkten ist wichtig dafür, wie du den Innovationprozess in deinem Unternehmen gestaltest und welche Fragen du bei dieser Entscheidung stellen solltest.
Ich hoffe, ich konnte dich als Innovationsmanager dazu ermutigen, nicht locker zu lassen und immer weiter die wichtigen Fragen zu stellen!
Welche Fragen zur Definition von Innovation findest du besonders wichtig? Stellst du dir andere Fragen? Teile deine Gedanken doch gerne in einem Kommentar!
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