Fünf Führungskompetenzen, die Innovation fördern - und wie man sie erkennt
- Dr. Babette Sonntag
- 30. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Juni

Nach meiner Erfahrung beschäftigt diese Frage die meisten Manager, egal ob CEO, Personalentscheider oder Innovationsmanager: Was sind die Führungskompetenzen, die Innovation fördern, und wie erkenne ich sie?
In unserer Zeit, in der Märkte, Technologien und Erwartungen sich rasant wandeln, braucht es keine allwissenden Chefs mehr, die kann es gar nicht geben! Auch keine Top-Down-Wasserfall-Projektleiter. Wir brauchen Möglichmacher! Der klassische Manager, der Anweisungen gibt, kontrolliert und Ergebnisse überwacht, hat ausgedient. Heute geht es um Führungsqualitäten, die Innovation fördern, die inspirieren, begleiten und Entwicklung ermöglichen.
Manager der mittleren Führungsebene sind dabei in der gestaltenden Rolle: Sie sind das Bindeglied zwischen Strategie und Umsetzung – und entscheidend für die Kultur, das Miteinander und Innovationskraft eines Unternehmens.
Warum mittlere Führungskräfte so wichtig für Innovation sind
Culture eats strategy for breakfast – und Innovationskultur entsteht oder scheitert durch Leadership.
Verhalten, Werte und Kommunikation von Führungskräften sind die Katalysatoren für Innovation. Manager der mittleren Ebene prägen direkt die tägliche Arbeitskultur ihrer Teams. Ihr Charakter und Führungsstil entscheiden mit darüber, ob ein Klima des kreativen Miteinanders oder ein Klima der Ellenbogen bzw. des Schweigens entsteht.
Studien zeigen: Eine positive, offene Kultur, in der neue Denkansätze gefördert und Fehler nicht bestraft, sondern als Lernchancen verstanden werden, ist der Nährboden für echte Innovation (s. „Die angstfreie Organisation“ von Amy Edmondson und Google Project Aristotle)
Führungskräfte fordern bessere Ergebnisse und mehr Effizienz. Innovative Menschen wünschen sich inspirierende Begleiter. Sie wünschen sich Freiraum, Vertrauen, Visionen, Mut und konstruktives Feedback.
Für einige Manager bedeutet das, ein Stück Kontrolle aus der Hand zu geben. Sie sind sowieso schon aus allen Richtungen mit hohen Erwartungen konfrontiert und müssen noch mehr Anforderungen gerecht werden, als ohnehin schon. Wie genau damit umzugehen ist, vermittelt kaum eine Managementschulung. Denn hier helfen keine Checklisten, die abgehakt werden können. Entscheidend sind eher bestimmte Persönlichkeitsmerkmale.
Was genau aber braucht eine Führungskraft, um Brücken zwischen diesen Erwartungshaltungen bauen zu können?
Für Personalexperten stellt sich die Frage: Wie erkenne ich denn Menschen, die dieses Fähigkeiten mitbringen?
Wie erkenne ich innovative Manager?
Fünf Kompetenzen, die Innovation ermöglichen
Um eine offene, kreative Arbeitskultur aktiv zu fördern, braucht es Führungskräfte mit besonderen Präferenzen:
Neugier für neue Ideen: Wer ungewöhnliche Perspektiven zulässt, schafft Raum für offene Diskussionen, Meinungsaustausch und Kreativität. Aus Reibungen heraus entstehen oft genial einfache Problemlösungen. Neugier bedeutet, Situationen zu hinterfragen und mehr als nur den eigentlichen Sachverhalt wissen zu wollen.
Fehlertoleranz: Fehler gehören zum Prozess. Wer sie als Entwicklungsschritte begreift, stärkt das Vertrauen und die Risikobereitschaft. Wichtig ist es, sie wohlwollend zu besprechen. Auch Führungskräfte machen natürlich Fehler. Das sollten sie offen sagen und demütig sein, ihre Mitarbeiter um Rat zu fragen.
Empathie und aktives Zuhören: Nur wer versteht, was das Team motiviert oder bremst, kann gezielt unterstützen. Nicht alle Störquellen oder Probleme können durch die Führungskraft beseitigt werden. Offen die Grenzen des eigenen Einflusses zuzugeben und zuhören, schafft Sicherheit.
Förderung von Autonomie: Vertrauen schenken und Entscheidungsfreiheit geben – so wachsen Verantwortungsgefühl und Initiative. Positives Feedback und Vertrauensvorschüsse motivieren dabei.
Visionäres Denken: Den Blick über das Tagesgeschäft hinaus zu richten und Zukunftsbilder ins Team zu bringen, weckt Ideen und Begeisterung. Vielleicht nicht bei allen, aber ein paar Begeisterte reichen schon aus. So entstehen gemeinsame Ziele.
Woran erkennt man diese Präferenzen?

Führungskräfte, die diese Arbeitskultur vorleben können, zeichnen sich durch bestimmte Verhaltensweisen aus. Kommunikationsstärke und Teamorientierung sind allgemein gültig und generell gefragt. Natürlich ist die Methodenkompetenz ebenso wichtig, also die Kenntnisse und Erfahrungen zu Agilen Methoden, Szenarioarbeit, Design Thinking usw.
Aber insbesondere der Umgang mit abweichenden Meinungen oder Perspektiven und die Schnelligkeit, sich auf Veränderungen einzustellen, sind entscheidend für die Förderung von Innovationskraft.
Um herauszufinden, wie stark die o.g. Arbeitspräferenzen bei einer Person ausgeprägt sind folgende Kompetenzen bedeutend:
Flexibilität:
schnell auf Veränderungen reagieren
Raum und Zeit für Meinungsdiskussionen einräumen
die Stärken der Teammitglieder erkennen und diese auch jenseits der festen Rollen einsetzen (Wer kann gut moderieren, auch wenn er noch keine Erfahrungen damit hat? Wer nutzt begeistert Excel und übernimmt das Projektcontrolling?)
Mut zur Veränderung:
gerne Neues ausprobieren
Verantwortung für Entscheidungen übernehmen
schnell in die Planung der nächsten Schritte übergehen
Coachingkompetenz:
nicht die Lösungen für Probleme vorgeben, sondern durch Fragen "herauskitzeln"
Andere beim Umsetzen ihrer Ideen unterstützen
Vertrauensvorschuss geben
sich kümmern
Netzwerkorientierung:
Verbindungen zu Start-ups, Forschung, Kunden oder Partnern aufbauen.
Change Management:
Widerstände vorhersehen
in negativen Umständen positive Impulse für das Team ableiten und auf diese fokussieren
Frageliste zum Abklopfen der Führungskompetenzen, die Innovation fördern
In einem Vorstellungsgespräch, im Projektumfeld oder bei der Definition neuer Rollen in einem Team zu erkennen, wie stark die oben genannten fünf Kompetenzen bei jemandem tatsächlich vorhanden sind, ist nun die hohe Kunst!
Damit das besser gelingt, schlage ich zu jedem der Punkte hilfreiche Fragen vor, die Du stellen kannst, um Dein Gegenüber besser einschätzen zu können. Suche Dir die aus, die Dir am besten befallen:
Zu 1. Flexibilität
Erzählen Sie mir von einer Situation, in der jemand im Team plötzlich glänzte, aber nicht in seiner Jobrolle. Was haben Sie mit diesem Potenzial gemacht? (Erkennt Stärken jenseits der Rollen und nutzt diese)
Was war die kontroverseste Meinung, die Sie im Team zugelassen und verteidigt haben – obwohl sie nicht Ihre war? (Testet Offenheit für andere Sichtweisen und gibt Raum für Diskussion)
Zu 2. Mut zur Veränderung
Für welche Entscheidung wurden Sie kritisiert und warum sind Sie trotzdem dabei geblieben? (Zeigt Risikobereitschaft und Verantwortungsübernahme)
Sie bekommen heute 50.000 Euro Budget für ein Pilotprojekt in Ihrem Bereich: Was probieren Sie sofort aus? (Testet Innovationswille, Umsetzungsdrang und Erkennen, was gerade wichtig ist)
Was ist Ihre persönliche Lieblingsmethode, um aus einer Idee einen konkreten ersten Schritt zu machen? (Zeigt Kreativität und Umsetzungskompetenz nach Veränderungsimpulsen)
Zu 3. Coachingkompetenz
Wie erkennen Sie, ob jemand gerade mehr Mut oder mehr Struktur braucht?(Zeigt Empathie und die Fähigkeit, situativ zu führen)
Welche Frage stellen Sie, wenn jemand feststeckt und Sie ihn wirklich voranbringen wollen? (Zeigt Gefühl für coachingtypische Fragetechniken)
Was war Ihre wirkungsvollste Unterstützung für eine Idee, die nicht von Ihnen stammte? (Zeigt Bereitschaft zur Förderung anderer statt zur Selbstdarstellung)
Zu 4. Netzwerkorientierung
Mit wem außerhalb Ihres Unternehmens beraten Sie sich regelmäßig über Ihre Arbeitskultur, ohne dass es Ihr Job verlangt? (Zeigt natürliche Netzwerkneigung und Offenheit für Impulse von außen)
Welcher externe Impuls hat Sie in einem Projekt überraschend vorangebracht? (Zeigt Fähigkeit, Brücken zu bauen, wo andere keine sehen)
Zu 5. Change Management
Wie erkennen Sie, dass ein Team in 'versteckter Ablehnung' ist, obwohl niemand offen protestiert? (Zeigt Verständnis für unterschwellige Dynamiken)
Welche Frage stellen Sie einem Team nach einer schlechten Nachricht, um es wieder in Bewegung zu bringen? (Fokussiert auf lösungsorientierte Kommunikation und Empathie)
Wie schaffen Sie es, dass ein Team sich trotz Verlusten oder Unsicherheit als Gestalter fühlt? (Misst emotionale Führungsfähigkeit in schwierigen Phasen)

Hier kannst Du meine Fragen in Form einer Checkliste als Vorlage für Interviews oder für Entscheidungen herunterladen und für Notizen verwenden:
Fazit: Die innere Haltung zu erkennen, ist entscheidend
Innovationen und Ideen rauchen Freiraum und Spontanität. Damit die Unternehmenskultur in diese Richtung wächst, braucht es Führungskräfte mit den passenden Werten. Gerade Manager der mittleren Ebene, ebenso wie Innovationmanager haben durch ihre Vorbildfunktion großen Einfluss darauf.
Sie müssen Coach und Moderator sein und auf Selbstverantwortung und Wertschätzung im Team achten.
Fähigkeiten, wie die Nutzung bestimmter Software-Tools (Link: Die 10 besten Innovationsmanagement-Softwares 2025) oder bestimmter Innovationstechniken, wie Design Thinking oder Pitching, können erlernt werden. Die innere Haltung zu Offenheit und Respekt kann jedoch nur begrenzt erlernt werden. Daher ist es wichtig, bei der Verteilung von Rollen im Management- und Innovationsbereich auf die richtigen Persönlichkeitsmerkmale zu achten. Sie zu erkennen, ist nicht einfach.
Bei der Bewertung, ob jemand als Führungskraft eine innovative Unternehmenskultur voranbringen kann, gilt: Persönlichkeit geht vor Skills.
Welche Führungsqualitäten sind Deiner Meinung nach für mehr Innovationskraft im Unternehmen wichtig? Woran erkennst Du diese?
Weiterführende Links:
Aktuelle Studie zeigt: Unternehmen nutzen kreative Kompetenzen ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte zu wenig | marktforschung.de
Ein paar Statistiken: 10 Stats about Creativity That Will Change the Way You Do Business
Tom Cruise hat in einem Interview (das ich irgendwo in den Sozialen Netzwerken gesehen habe) bezüglich seiner Stunts in seinem neuen Film folgenden Satz gesagt, wenn ich mich recht erinnere: „Don‘t be scared to be scared.“ Und er hat das auch als eine Maxime für seine Arbeit herausgestellt. Für mich eine wunderbare Eigenschaft einer selbstbewussten Persönlichkeit, die Innovation möglich macht.